Praxisgemeinschaft Psych. Psychotherapeuten
Hans-Werner Firmenich  Jonas Kersken  |  Ralf Jostes |  Malte vom Brocke | Katharina Hofrage  (PiA)      


Verstehen von ADHS und Autismus:
Autismus
Autismus im Erwachsenenalter ist eine "neurologische Entwicklungsstörung", die sich bereits in der Kindheit manifestiert. Menschen mit Autismus zeigen oft Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion, Kommunikation und repetitive Verhaltensmuster. Im Erwachsenenalter können sich diese Merkmale jedoch in unterschiedlicher Weise präsentieren.
Einige Erwachsene mit Autismus können Schwierigkeiten haben, soziale Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Sie können Probleme haben, nonverbale Signale wie Mimik und Körpersprache zu verstehen und sich in Gruppensituationen unwohl fühlen. Die Kommunikation kann ebenfalls eine Herausforderung darstellen, da Schwierigkeiten bei der Interpretation von Ironie, Sarkasmus und subtilen sozialen Hinweisen auftreten können.
Es ist wichtig anzumerken, dass nicht alle Erwachsenen mit Autismus die gleichen Schwierigkeiten haben. Einige können über außergewöhnliche Fähigkeiten in bestimmten Bereichen verfügen, wie zum Beispiel im mathematischen oder künstlerischen Bereich. Andere können jedoch mit Angstzuständen, Depressionen oder anderen mentalen Gesundheitsproblemen kämpfen. Überzufällig häufig spielt auch eine Hochbegabung eine Rolle. Gerade dann können sich manchmal Maskierung und Kompensation besonders stark herausbilden, so dass selbst Freunde manchmal verwundert sind, wenn jemand eine Autismusdiagnose bekommt, die oder der sich zuvor sozial wenig auffällig verhalten hat. 
Es ist entscheidend, dass Erwachsene mit Autismus Unterstützung und Ressourcen erhalten, um ihre individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen zu bewältigen. Eine frühzeitige Diagnose und Intervention kann dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern.

ADHS

 ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) im Erwachsenenalter ist eine neurologische Störung, die sich durch Probleme mit der Aufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität auszeichnet. Bei Erwachsenen mit ADHS können folgende Symptome auftreten:


1. Aufmerksamkeitsprobleme: Schwierigkeiten, sich auf Aufgaben oder Gespräche zu konzentrieren, häufige Ablenkbarkeit, Probleme beim Organisieren von Aufgaben oder Informationen.

2. Impulsivität: Impulsive Handlungen ohne zuvor nachzudenken, Schwierigkeiten, Impulse zu kontrollieren, Neigung zu riskantem Verhalten.

3. Hyperaktivität: Innere Unruhe, ständiges Gefühl der Rastlosigkeit, Schwierigkeiten, still zu sitzen oder zu entspannen.

4. Emotionale Instabilität: Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Schwierigkeiten, Emotionen zu regulieren.

ADHS kann das alltägliche Leben beeinträchtigen, indem es Schwierigkeiten in verschiedenen Bereichen verursacht, wie z. B. der Arbeit, im Studium, in zwischenmenschlichen Beziehungen und bei der Selbstorganisation.
Es ist wichtig zu wissen, dass ADHS im Erwachsenenalter oft unerkannt bleibt oder mit anderen psychischen Erkrankungen verwechselt wird. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch helfen, die Symptome zu bewältigen und das tägliche Leben zu erleichtern. 
ADHS und Autismus beeinflussen signifikant die sozialen Kompetenzen eines Menschen bis ins Erwachsenenalter. 

Die Autismus- und ADHS-Diagnostik zielt darauf ab, die Ursachen für z.B. soziale Hürden, rigiden oder zwanghaften Verhaltensweisen und Hypersensibilität zu identifizieren. Autistische Menschen haben oft Probleme mit der sozialen Wahrnehmung und Umsetzung, während bei ADHS die Kompetenzen meist vorhanden sind, jedoch durch Ablenkbarkeit oder Impulsivität gehemmt werden.

Die neurobiologischen Grundlagen von Autismus
Autismus hat neurobiologische Ursachen und kann die soziale Entwicklung und Kommunikation erheblich beeinträchtigen. Die Autismus Diagnostik untersucht spezifische soziale Verzögerungen, Kommunikationsabweichungen und Verhaltensmuster, die auf diese Entwicklungsstörung hinweisen könnten. Kinder mit Autismus zeigen häufig eine verspätete Entwicklung der sozialen Fähigkeiten, was sich schon im Säuglingsalter manifestieren kann.

ADHS und soziale Interaktionen
Durch ADHS ausgelöste Symptome beeinträchtigen nicht nur das soziale Gefüge, sondern führen auch zu Kommunikationshürden und Verhaltensschwierigkeiten. Eine treffende Beschreibung von ADHS wurde von Russell Barkley, Ph.D., geliefert: "ADHS ist nicht eine Störung des Nichtwissens, was zu tun ist, sondern des Nichttuns dessen, was man weiß."


Geschlecht:

Die Diagnostik von Autismus bei Mädchen und Frauen kann eine spezielle Herausforderung darstellen, da sie dazu neigen, ihre Symptome geschickt zu verbergen. Im Gegensatz dazu zeigen Jungen ihre Probleme oft offener oder kompensieren aktiver.  Mädchen wiederum, die sich anpassen, versuchen, nicht im Mittelpunkt zu stehen, und imitieren andere, um ihre "Andersartigkeit" zu verbergen. Eine gründliche Analyse und gezielte Diagnostik sind hier wesentlich, um z.B. Soziale Ängste von Autismus zu unterscheiden. Psychotherapie kann dazu beitragen, verborgene Ängste aufzudecken und Wege aufzuzeigen, um authentischer und stressfreier leben zu können.

 

Bei Frauen variiert die Intensität der ADHS-Symptome (zumeist ADS-Symptome) erheblich in Verbindung mit hormonellen Schwankungen. Insbesondere der Östrogenspiegel spielt eine entscheidende Rolle, da mit dessen Abnahme die Symptome verschärft werden. Diese Dynamik verdeutlicht, dass ADHS bei Frauen nicht konstant, sondern veränderlich ist. Während der Pubertät verstärken hormonelle Veränderungen die ADHS-Symptome bei Mädchen und können zu Angstzuständen führen. Eine gründliche Untersuchung und Anpassung der Behandlung, insbesondere im Rahmen einer professionellen Psychotherapie, sind daher unerlässlich.

 

ADHS und Borderline

 

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) – geprägt von instabilen sozialen Beziehungen, Identitätsschwierigkeiten und Impulsivität – zeigt viele Symptome, die auch bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) beobachtet werden, einer häufig übersehenen, jedoch gravierenden Komorbidität.
Die Schnittmenge von ADHS und BPS gewinnt an Bedeutung, sobald wir über die Kernsymptome von ADHS hinausgehen – wie Konzentrationsschwäche, Hyperaktivität und/oder Impulsivität – und die gesamte Bandbreite an Beeinträchtigungen durch ADHS, einschließlich Dopamindefizite und emotionale Dysregulation, in Betracht ziehen. Durch diese Betrachtungsweise lassen sich Parallelen zwischen ADHS-Symptomen und denen von BPS ziehen, die zu Diagnosefehlern führen können.
Nicht nur ähneln sich BPS und ADHS in ihren Symptomen, sie können auch simultan vorkommen und sich gegenseitig in ihrer Ausprägung beeinflussen. Die Differenzierung zwischen BPS und ADHS ist ausschlaggebend, um das mögliche gleichzeitige Bestehen dieser Störungen zu erkennen und eine effektive Therapie einzuleiten.
Viele Symptome der BPS spiegeln diejenigen von ADHS wider. Ein tiefgreifendes Verständnis der Ursachen jedes einzelnen Symptoms ist entscheidend, um ihre Verbindung zur ADHS und/oder BPS zu erkennen und entsprechende therapeutische Strategien wie Psychotherapie oder spezifische Autismus Diagnostik einzusetzen. 

 


Affektive Störungen im Vergleich zu ADHS
Die Abgrenzung affektiver Störungen von ADHS gestaltet sich oft schwierig, da sie eine Reihe ähnlicher Symptome
aufweisen können. Eine exakte Diagnose ist jedoch essenziell, um die richtige medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung einzuleiten.
1. Erkrankungsalter: ADHS zeigt sich typischerweise schon früh, häufig bis zum zwölften Lebensjahr, wohingegen bipolare Störungen meist später auftreten, mit einer durchschnittlichen Diagnose im Alter von 26 Jahren.
2. Konsistenz der Symptome: ADHS ist durch eine konstante Präsenz der Symptome charakterisiert, während bipolare Störungen in episodischen Mustern auftreten und sich mit Phasen normaler Stimmung abwechseln.
3. Stimmungsauslöser: Individuen mit ADHS erfahren intensive emotionale Reaktionen auf persönliche Erlebnisse, während Stimmungsschwankungen bei bipolaren Störungen ohne klar erkennbare Auslöser einhergehen können.
4. Geschwindigkeit des Stimmungswechsels: Reaktionen bei ADHS können unmittelbar auf Ereignisse folgen und sind in ihrer Intensität bemerkenswert, während Übergänge bei bipolaren Zuständen mehr Zeit beanspruchen.
5. Dauer der Stimmungen: Affektive Erregungen bei ADHS sind oft kurz und intensiv, während gemäß DSM-V die Stimmungsschwankungen bei bipolarer Störung wenigstens zwei Wochen bestehen müssen.
6. Familienanamnese: Während beide Bedingungen familiär gehäuft auftreten können, ist bei ADHS eine Familiengeschichte mit mehreren Fällen typisch, im Gegensatz zu bipolaren Störungen.
(Quellennachweis: Adaptiert von www.additudemag.com)

ADHS, Autismus, Trauma, Dissoziation

ADHS, Autismus, Trauma und Dissoziation sind vier Begriffe, die inzwischen oft in Zusammenhang gebracht werden. Studien und klare wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesen Zusammenhängen sind allerdings rar. Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen diesen Zuständen, aber auch deutliche Unterschiede. In der Diagnostik ist es wichtig nicht nur zu untersuchen inwieweit z.B. eine Autismusspektrumstörung vorliegt, sondern auch inwieweit andere Schwierigkeiten und Symptome vorhanden sind und sich eventuell gegenseitig beeinflussen. Insbesondere im Erwachsenenalter können sich Zusammenhänge zwischen den Symptomatiken plus dem Vermischen von Kompensationsstrategien sehr verwirrend darstellen.

Es gibt viele Gemeinsamkeiten aber auch deutliche Unterschiede zwischen ADHS und Autismus. Beide Zustände betreffen die Art und Weise, wie das Gehirn Informationen verarbeitet. Menschen mit ADHS  haben oft Schwierigkeiten, sich auf eine Sache zu konzentrieren und Informationen zu filtern. Soziale Schwierigkeiten entstehen hier zumeist aus  Unaufmerksamkeit und  Unkonzentriertheit in Gesprächen. Ein generelles Verständnis für soziale Prozesse ist allerdings vorhanden. AutistInnen haben demgegenüber zumeist  Schwierigkeiten, soziale Signale zu verstehen und angemessen zu reagieren. Z.B. antworten sie häufig sehr direkt und ehrlich oder verstehen nicht, was gerade von ihnen erwartet wird. 
Traumatische Erfahrungen können sowohl bei Menschen mit ADHS als auch bei Autismus auftreten. Trauma kann zu einer Verschlimmerung der Symptome führen und die Fähigkeit einer Person beeinträchtigen, mit Stress umzugehen. Menschen mit ADHS und Autismus können aber auch aufgrund ihrer Symptome einem höheren Risiko für traumatische Erfahrungen ausgesetzt sein. Diese können z.B. in kumulierten Erfahrungen liegen, nirgendwo richtig dazu zu gehören oder auch generell sozial abgelehnt zu werden. Geschieht dies schon in sehr jungen Jahren, dann kann es auch zu sogenannten Bindungsstörungen kommen, die die ganze Symptomatik im höheren Lebensalter insbesondere im Bereich sozialer Beziehungen verkomplizieren und verschlimmern können. Auch durch soziale Missverständnisse kann sich jemand auch z.B. unwissend in gefährliche Situationen bringen.

 Bei Erwachsenen bedarf es einer genauen Analyse, um diese Prozesse auseinander zu halten und diagnostisch richtig einordnen zu können. Betroffene haben häufig schon ein Leben lang "so ein Gefühl", dass irgendetwas nicht stimmt oder sie generell anders sind als andere Menschen , sie nicht wirklich dazu gehören, können dies jedoch oft nicht konkret fassen oder beschreiben. 
Dissoziation kann auch bei Menschen mit ADHS und Autismus auftreten. Dissoziation kann eine Möglichkeit sein, mit traumatischen Erfahrungen umzugehen. Es kann auch eine Möglichkeit sein, mit Überstimulation umzugehen, die bei Menschen mit ADHS und Autismus häufig auftritt. Dissoziative Amnesie, maladaptives Tagträumen, Depersonalisation, Derealisation und im Extremfall eine dissoziative Identitätsstörung sind 5 Formen von möglichen Dissoziationen. Eine Unterscheidung zum "Melt-down" bei Autismus oder dem "Tagträumen" bei ADHS ist schwierig, aber wichtig, da eine Behandlung sehr unterschiedlich aussehen kann. Z.B. würde das "Tagträume" bei ADHS durch Stimulantientherapie verbessert werden, das dissoziative maladaptive Tagträumen allerdings nicht unbedingt. 


ADHS Informationen 

ADHS-Erklärungsmodell

https://aktive-psychotherapie.de/wp-content/uploads/2021/10/Zhukova-2021-ADHS-verstehen-Ein-neuropsychologisches-Erklaerungsmodell.pdf


ADHS Symptome Ursachen und Therapie Dr. med. Astrid Neuy-Lobkovicz

https://deref-web.de/mail/client/Pp3Kk1j8fag/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fyoutu.be%2FvYagBWFLE_M%3Fsi%3DA9BRixeqUmlJqJhv


Neue dänische Studie zeigt, bei ca. 63% aller zum ersten Mal in einer Psychiatrie aufgenommenen Erwachsenen ADHS Symptome.

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0165178122002384?via%3Dihub


Sehr kompakte und verständliche Übersicht: Was ist ADHS:

https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/das-solltest-du-ueber-adhs-wissen/

 

 ADHS-Relevanz für die psychische Gesundheit

 






 

ADHS – Was Tun? Behandlung für Erwachsene | AD(H)S Erwachsene









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